Vom 21. bis 24. Februar 2024 fand in Berlin der 36. Deutsche Krebskongress statt. Er ist der älteste und größte Fachkongress zur Krebsdiagnostik und Krebstherapie in Deutschland. Der Kongress bietet alle zwei Jahre ein breites Spektrum an Vorträgen und Diskussionen.
In diesem Jahr sind besonders die zahlreichen Beiträge von Vertreterinnen und Vertretern der Landeskrebsregister sowie die 10. Bundesweite Onkologische Qualitätskonferenz hervorzuheben.
Plattform § 65c und Kooperationspartner mit gemeinsamem Messestand
Im Rahmen des Kongresses präsentierten sich auch die Plattform § 65c, die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren e. V. (ADT), die Gesellschaft epidemiologischer Krebsregister in Deutschland e. V (GEKID), das Zentrum für Krebsregisterdaten (ZfKD) beim Robert Koch-Institut sowie das Deutsche Kinderkrebsregister (DKKR) mit einem gemeinsamen Informationsstand. Dieser war zum einen Anlaufstelle für die Kolleginnen und Kollegen aus den Landeskrebsregistern und zum anderen konnten sich hier Besucherinnen und Besucher umfassend über die Registrierung, Datenauswertung und Forschung mit Krebsregisterdaten informieren.
Vorträge aus den Krebsregistern
Dr. Kerstin Weitmann und Tobias Hartz leiteten in ihrer Funktion als Sprecherin und Sprecher der Plattform § 65c die erste Session Onkologische Versorgungsrealität am Freitag, 23. Februar 2024: In vier Vorträgen wurden Versorgungsindikatoren, regionale Unterschiede bei operativen Therapien des Mammakarzinoms, Patientenströme und Follow-up-Daten thematisiert.
Dr. Alice Nennecke trug in Vertretung für Annemarie Schultz aus dem Hamburgischen Krebsregister vor und erklärte im Rahmen der Präsentation „Operative Therapien des Mammakarzinoms der Frau ‒ gibt es regionale Unterschiede?“:
„Die Landeskrebsregister liefern seit 2023 einen erweiterten Datensatz an das Zentrum für Krebsregisterdaten (ZfKD). Im Februar 2024 standen bereits Daten für den Zeitraum 2020-2022 zur Verfügung – was von großer Aktualität und rascher Nutzbarkeit zeugt. In dieser Form ist es die erste Auswertung flächendeckender klinischer Daten aller Landeskrebsregister nach § 65c SGB V auf der Grundlage des bundeseinheitlichen onkologischen Basisdatensatzes. Klinische Merkmale mit hoher Relevanz für die onkologische Versorgung sind also grundsätzlich plausibel und zeitnah darstellbar. Das Hamburgische Krebsregister konnte beträchtliche Variationen nicht nur innerhalb der Metropolregion, sondern auch für Deutschland insgesamt zeigen.“
Philipp Kachel, Geschäftsführer des Instituts für digitale Gesundheitsdaten RLP, stellte in seinem Vortrag den Onkologischen Versorgungsatlas vor, der sich aktuell in Erstellung befindet. Der Onkologische Versorgungsatlas beschreibt die onkologischen Versorgungsstrukturen in Rheinland-Pfalz basierend auf Analysen von Real-World-Daten aus dem direkten Versorgungsalltag.
„Er bietet damit eine Grundlage, um datengestützte Entscheidungen zu treffen und zum Beispiel die Bedarfsplanung oder Steuerung der Versorgungsangebote zu verbessern“, erklärt Kachel.
Neben Auswertungen zum Krankheitsgeschehen im Bundesland sind in dem Bericht Distanzberechnungen und Auswertungen zur Inanspruchnahme von onkologisch tätigen Einrichtungen innerhalb des rheinland-pfälzischen Versorgungsnetzwerks mit besonderem Fokus auf DKG-zertifizierte Zentren enthalten. Der Bericht wird in den kommenden Monaten erstmalig veröffentlicht und dann regelmäßig aktualisiert.
In der darauffolgenden zweiten Session Onkologische Qualitätssicherung durch Krebsregister gab es fünf Vorträge aus der Plattform § 65c. An dieser Stelle ist es wichtig, zu betonen, dass die Datenanalyse und Auswertung durch die Landeskrebsregister im Rahmen eines Pilotprojektes in einer Arbeitsgruppe gemeinsam erfolgte. Im Pilotprojekt betrachteten mehrere Landeskrebsregister die jeweiligen onkologischen Qualitätsindikatoren der S3-Leitlinie und verschiedene Versorgungsindikatoren auf Leistungserbringerebene, wobei einzelne Krebsregister die Gesamtauswertung einer zugeordneten Entität übernahmen. Jedes Landeskrebsregister mit Dateninput im Pilotprojekt berechnete die festgelegten Kennzahlen für die eigenen Daten selbst und leitete diese an das für die jeweilige Entität zuständige Register weiter, welches die Daten schließlich zusammenführte.
Das Hessische Krebsregister stellte im Rahmen dieses Projektes die Kennzahlen der hessischen Daten von über 7.500 Kolonkarzinomen, über 6.000 malignen Melanomen und über 8.000 Prostatakarzinomen zur Verfügung. Die Landesauswertungsstelle des Hessischen Krebsregisters erhielt als zuständige Stelle für die Zusammenführung und Präsentation der bundesweiten Auswertungen zur Versorgung des Kolonkarzinoms Daten von elf anderen Krebsregistern. Im Rahmen des Vortrags durch die Leiterin der Landesauswertungsstelle des Hessischen Krebsregisters, Dr. Soo-Zin Kim-Wanner, konnte die Versorgung von über 110.000 Kolonkarzinomen vorgestellt und diskutiert werden.
Die ärztliche Leiterin des Klinischen Krebsregisters Niedersachsen, Dr. Tonia Brand, stellte in ihrem Vortrag ebenfalls gemeinsame Auswertungsergebnisse im Hinblick auf ausgewählte Qualitätsindikatoren der S3-Leitlinie für das Prostatakarzinom und bestimmte Versorgungsindikatoren auf Bundesländerebene vor.
„Es ist einzigartig, dass wir eine große Datenbasis haben und Fälle intersektoral analysieren können. Wir können Daten nicht nur aus Kliniken, sondern auch von ambulanten Versorgern und niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten auf diese Weise betrachten und so die Versorgungsqualität für alle Leistungserbringenden auswerten.“ – so Dr. Brand.
Dr. Kerstin Weitmann stellte Feedbackberichte am Beispiel der Berichte aus Mecklenburg-Vorpommern als Instrument zur klinischen Qualitätssicherung vor.
„Feedbackberichte sind ein gutes Mittel, um mit den Leistungserbringenden über ihre eigenen gemeldeten Daten in den Austausch zu kommen. So können Daten im zeitlichen Verlauf und im Vergleich zu den Meldungen aus ganz Mecklenburg-Vorpommern analysiert und Auffälligkeiten angesprochen werden. Damit wiederum kann eine Verbesserung der Vollständigkeit gelingen. Zudem wird die Sichtbarkeit der im Krebsregister vorhandenen Daten verbessert.“
Das Krebsregister Schleswig-Holstein erprobt erfolgreich neue interaktive Möglichkeiten bei der Datenrückmeldung an die Meldenden.
„Die Versorgungsqualität kann nur verbessert werden, wenn die behandelnden Ärztinnen und Ärzte ihre eigenen Behandlungsresultate kennen und diese mit anderen Kollegen und Kolleginnen vergleichen können“, sagt Professor Alexander Katalinic vom Krebsregister Schleswig-Holstein.
„Wir gehen bei der Rückmeldung der Behandlungsqualität jetzt völlig neue Wege. Die Qualitätskonferenzen werden von einem interaktiven Auswertungs-Tool begleitet. Gemeinsam mit den Leistungserbringenden können wir in die Tiefe der Versorgungsqualität gehen und rasch eruieren, wo und bei wem es gut oder weniger gut läuft.“
Jana Holland eröffnete in der dritten Session die 10. Bundesweite Onkologische Qualitätskonferenz – klinische Evidenz aus versorgungsnahen Daten der Krebsregister. In ihrem Vortrag schilderte sie den aktuellen Stand der bundesweiten Zusammenführung und Nutzung klinischer Krebsregisterdaten.
„Der Bereich Krebsregister und Daten ist ein dynamischer: es passiert viel und schnell. Viele – auch vom BMG geförderte – Vorhaben sind seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Zusammenführung von Krebsregisterdaten gestartet. Dabei spielen bzw. müssen die flächendeckenden Krebsregister mit ihrer einzigarten einheitlichen Datenbasis eine zentrale Rolle spielen, wenn es darum geht, Daten miteinander zu verknüpfen. Das Potenzial von KI und Krebsregisterdaten bei der Auswertung eben dieser Daten ist groß und wird die Datenqualität immer weiter verbessern.“ – hob Holland die Bedeutung der Landeskrebsregisterdaten hervor.
Hier finden Sie eine Übersicht der Vorträge aus den Krebsregistern. Das wissenschaftliche Gesamtprogramm können Sie der DKK-Homepage entnehmen.
Auf dem Portal DKK on Demand sind seit dem DKK 2008 alle Sitzungen, sofern die Referentinnen und Referenten ihre Zustimmung erteilt haben, als Videomitschnitt veröffentlicht und archiviert.
Impressionen
Der Deutsche Krebskongress ist eine wichtige Veranstaltung für Medizinerinnen und Mediziner, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie weitere Expertinnen und Experten im Bereich der onkologischen Versorgung. Der Kongress bietet die Gelegenheit, sich über die neuesten Entwicklungen und Trends in der Krebsmedizin zu informieren. Er wird alle zwei Jahre veranstaltet und ist eine lebendige Plattform für den Austausch von Wissen und Erfahrungen im Bereich der Krebsmedizin.
Der nächste DKK findet vom 18. bis 21. Februar 2026 unter der Präsidentschaft von Prof. Anke Reinacher-Schick, Direktorin der Klinik für Hämatologie, Onkologie mit Palliativmedizin, St. Josef-Hospital, Ruhr-Universität Bochum und Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie (AIO) statt.
Die Vorträge aus den Landeskrebsregistern
- Pathologie-Institute als unverzichtbare Säule der Krebsregistrierung. Relevanz strukturierter Befunde für die Erfassung und wissenschaftliche Nutzung der Krebsregisterdaten – Hiltraud Kajüter (Bochum) – nicht freigegeben
- Bundesweites Benchmarking: Darmkrebs – Dr. med. Soo-Zin Kim-Wanner (Frankfurt/M.) – nicht freigegeben
- Bundesweites Benchmarking: Prostatakrebs – Dr. Tonia Brand (Hannover)
- Feedbackberichte als Instrument zur klinischen Qualitätssicherung – Dr. Kerstin Weitmann (Greifswald)
- Die interaktive Qualitätskonferenz Brustkrebs – Prof. Dr. med. Alexander Katalinic (Lübeck)
- Welche Versorgungsindikatoren brauchen wir? – Prof. Andreas Stang (Duisburg)
- Operative Therapien des Mammakarzinoms der Frau ‒ gibt es regionale Unterschiede? – Dr. Alice Nennecke (Hamburg)
- Wer versorgt Patient*innen in einem Bundesland? (Patientenströme) – M.Sc. Philipp Kachel (Mainz)
- Bernd Holleczek: Follow up durch flächendeckende Krebsregister – solide Daten mit großem Potenzial – nicht freigegeben